Dienstag, 31. März 2015

Kalgoorlie

Dass Australien viele Bodenschätze hat und diese auch im grossen Stil abbaut, verkauft und verbraucht, ist bestens bekannt. Mir war allerdings nicht bewusst, dass Goldabbau bis zum heutigen Tag eine wichtige Rolle spielt, bis wir auf unserer Reise einen geplanten Abstecher nach Kalgoorlie-Boulder machten.
Zuerst wollten wir nach der Durchquerung der Nullarbour Plains (Blog folgt von Oli auf Cooooeeee), von Norseman direkt nach Esperance ans Meer reisen, entschieden uns aber für den Umweg nach Norden, was sich als äusserst lohnenswert erweisen sollte. 


Geschichte
Die Stadt Kalgoorlie, sowie auch ihre Schwesterstadt Boulder, wurde 1895 als Goldgräbersiedlung aus dem Boden gestampft, nachdem Patrick Hannan, zusammen mit zwei irischen Kumpanen 1893, mitten in der Zeit des Goldrausches, an dieser Stelle Gold fand. Die Bedeutung des Ortes wurde 1896 gesteigert durch den Bau der Eisenbahnlinie nach Perth. 
40km süd-westlich von Kalgoorlie liegt Coolgardie, wo bereits 1892 Gold gefunden wurde. Dort lebten zur Blütezeit 15’000 Menschen, heute noch 700. Bei Kalgoorlie war die Bevölkerungsentwicklung ähnlich, von 2000 um 1898 auf 30’000 1903, was ungefähr der heutigen Population von Kalgoorlie-Boulder entspricht. 
Die Lage im australischen Outback hatte den Nachteil, dass es an Wasser fehlte. Darum wurde 1898 die Golden Pipeline gelegt, ein Wassertransportsystem aus Stahlrohren und mit 8 Pumpstationen. Damit wurde Wasser aus den Bergen von Perth (mehr als 500km entfernt) in ein Staubecken transportiert. Über diese Pipeline wird das Gebiet heute noch mit Wasser versorgt.

Goldrausch
In der Mitte des 19.Jahrhunderts hatte in Australien der Goldrausch begonnen, allerdings vorwiegend in den Staaten New South Wales und Victoria, wo die klimatischen Bedingungen angenehm und Zugang zu Wasser gegeben war. Zwischen 1851 und 1871 verdreifachte sich die Population Australiens auf 1.7 Millionen. Dies ist den vielen hoffnungsvollen Immigranten zuzuschreiben. Vor 1850 waren insbesondere Strafgefangene nach Australien geführt worden und mit dem Goldrausch stoppte dies, weil es plötzlich albern erschien, Leuten mit krimineller Vergangenheit einen Gratistransport nach dem aufstrebenden Australien zu finanzieren. 
Western Australia (und somit Kalgoorlie) wurde relativ spät vom Goldrausch erfasst, weil das Terrain unwegsam war, das Klima rau und die Goldgebiete weit weg von bevölkerten Gebieten. Da aber Ende des 19.Jahrhunderts die quick-wins in Victoria und New South Wales bereits vollzogen wurden, versuchten viele ihr Glück im Westen und entflohen so der ökonomischen Depression. Bald wurde aber den Prospektoren bewusst, dass das meiste Gold in der Tiefe lag und so entstanden zahlreiche kleine Bergwerke, die in den Untergrund hinein reichten.

Gold
Ohne Lupe direkt sichtbares Gold, sogenanntes „Freigold“ in Form von Nuggets oder Goldstaub ist eine Rarität. Das meiste Gold  liegt in kleinsten Partikelchen im umgebenden Gestein fein verteilt vor und entgeht somit den Versuchen, es mit einfachen Verfahren manuell zu sammeln. 
Der Goldanteil in der kontinentalen Erdkruste beträgt 0.004 ppm (4 Gramm pro 1000 Tonnen Gestein). Natürlich schwankt dieser je nach Region. In Kalgoorlie und in anderen Gebieten mit goldhaltigem Gestein liegt der Anteil bei mehreren Gramm pro Tonne Gestein, bei Golderzadern gar bis zu 1000g pro Tonne. 
Das heute geförderte Gold wird zu etwa 85% zu Schmuck verarbeitet, 12% fliesst in die Industrie (Elektronik, Medizin, Optik) wo Eigenschaften wie gute Kontaktgabe, Korrosionsbeständigkeit und gute Verarbeitbarkeit geschätzt werden, und nur 3% gelangen in Tresore von Banken.
Beim weltweiten Goldbestand (170’000 Tonnen Reingold) sieht die Verteilung folgendermassen aus: 51% ist in Schmuck verarbeitet, 18% gehört Zentralbanken und Währungsinstitutionen, 16% ist in Privatbesitz und 12% in Kunstgegenstände verarbeitet

Super Pit
Diese Goldmine ist Australiens grösstest und das weltweit viertgrösste Goldbergwerk. Sie befindet sich am südöstlichen Ende von Kalgoorlie-Boulder und wird im Tagebau und 24 Stunden Betrieb, 365 Tage im Jahr betrieben. Die Mine hat heute eine Dimension von 3.7 km Länge und 1.55km Breite und ist 380 Meter tief. 

Die Super Pit Mine in Kalgoorlie

Der Betreiber KCMG (Kalgoorlie Consolidated Gold Mines) wurde 1989 gegründet, wobei mehrere Bergwerke zu einem Werk vereint wurden. So werden jährlich rund 800’000 Feinunzen Gold (22 Tonnen) abgebaut. Seit Langem ist nur noch Gold als Erz gebunden zu finden und muss entsprechend aufwändig verarbeitet werden (siehe unten).
Das Gestein im Super Pit wird in konventioneller Technik angebohrt, anschliessend werden die Bohrlöcher mit Sprengstoff gefüllt und gezündet. Jedes Jahr werden 15 Millionen Tonnen Gestein nach der Sprengung mit Schaufelbaggern, die 68 Tonnen Gestein in einer Schaufelladung heben und mit Grossraum-Muldenkippern, die 240 Tonnen laden können, bewegt. Pro Tag sind es 240’000 Tonnen. Jede siebte Ladung der Muldenkipper enthält Gold und zwar etwa in der Grösse eines Golfballes (500g!).

Bohrlöcher, Krater und Schaufelbagger in der Mine

Ein solcher Muldenkipper kostet 3.5 Mio CHF, hat 2300 PS und wiegt leer 166 Tonnen. Der Tank fasst 3790 Liter und die Maximalgeschwindigkeit liegt bei 55 km/h. Zudem hat er je 6 Reifen, einer davon kostet 32’000 CHF und muss nach 6 Monaten Betrieb ersetzt werden. Von diesen Muldenkippern kursieren 40 im Super Pit.
Ein Schaufelbagger kostet 14.2 Mio CHF, hat 4020 PS, 2 Motoren und wiegt leer 710 Tonnen. Die Maximalgeschwindigkeit dieses Monsters ist 2.4 km/h. Davon stehen 4 im Super Pit.

Muldenkipper 204 – einer der 40

Werkstattshangar -  so wie die Trucks, Grösse XXL

Der Fahrer sitzt links – weil diese Muldenkipper aus den USA importiert werden

Die Goldgewinnung aus dem Erz ist ein aufwändiger Prozess. Zuerst wird das Gestein zerkleinert zu faustgrossen Steinstücken. Anschliessend zermahlen in Kugelmühlen zu Sand mit 1/5 mm Partikelgrösse. Dieser Sand mit Wasser vermischt bildet den sogenannten Slurry, welcher dann über spezielle Pumpen zum Flotationsverfahren überführt wird. In diesem wird unter Chemikalienzugabe goldhaltiges Pyritkonzentrat gewonnen. Dieses wird bei 600°C in einem Schmelzer geschmolzen dabei zu rotem Calcit. Dabei entweicht giftiges Schwefeldioxid. Anschliessend wird das Calcit ausgelaugt mit Cyanid und auf Aktivkohle adsorbiert. In einem weiteren  Auslaugungsschritt und einer Filtration wird der Kohlenstoff vom Gold getrennt und dieses noch nicht reine Gold, einer Elektrolyse unterzogen. Nach einer weiteren Trocknung wird das Gold auf 1000°C erhitzt um geschmolzen verarbeitet werden zu können zu Goldbarren, die in den Verkauf gelangen.
Ich gehe nicht im Detail auf die Ressourcen ein, die dieser Abbau benötigt und auch nicht auf die Umwelt(un)verträglichkeit der Verarbeitung. Es ist ganz einfach schaurig, was alles hinter einer hübschen Goldkette steckt!
Nach heutigen Schätzungen reicht der Vorrat in Kalgoorlie, für einen Abbau im heutigen Stil, bis ins Jahr 2021.

Einer der beiden Vorratstürme von gebrochenem Gestein

Das gebrochene Gestein wird auf Förderbändern an die weiteren Anlagen transportiert

Förderanlage und Kugelmühle in der Mitte des Bildes

Stahlkugeln der Kugelmühle

Auslaugungsbecken

Nach diesem Goldexkurs zurück zum eigentlichen Thema dieses Blogs – Kalgoorlie-Boulder.
Sie ist die grösste Stadt im australischen Outback und somit ist auch ihre Hauptstrasse, die Hannan Street, sehr grosszügig. Zu Ehren vom Goldpionier Patrick Hannan trägt sie dessen Namen und ist gesäumt von schönen Gebäuden aus der Jahrhundertwende und ist so grosszügig breit, weil früher ganze Kamelkarawanen wenden können mussten.

Hannan Street

Historisches Gebäude, war früher ein Hotel

Regierungsgebäude mit 33.5 m hohem Turm und Goldkuppel

Auch ist die Stadt nicht ausschliesslich sandig und staubig, weil erstens viele Teerstrassen angelegt wurden und auch, weil in den 1980er Jahren aufgrund der Idee und der Finanzierung eines Geschäftsmannes, der am Minengeschäft interessiert war, viele Bäume angepflanzt wurden, um das Staubproblem längerfristig zu reduzieren, was ihm gelang. 

Der Mining-boom des frühen 20.Jahrhunderts brachte eine spezielle, demographische Struktur der Bevölkerung mit sich; mehrheitlich alleinstehende, junge Männer, oder zumindest weit weg von ihrer Familie und dies weckte die Nachfrage für neue Angebote und Dienstleistungen. Eine solche berüchtigte Dienstleistung war jene der lokalen Bordelle. In der Blütezeit existierten davon rund 25 Etablissements, allesamt in einer einzigen Strasse vereint, der Hay Street. 
Ab 1930 war es den Sexarbeiterinnen verboten, die Hay Street ohne Begleitung der „Madame“ (Bordellbetreiberin) zu verlassen, weil sie sonst Bekanntschaften hätten machen können, die nicht gewünscht waren und weil sie vom sozialen Leben ausgeschlossen bleiben sollten. Kalgoorlie wollte Familien anziehen und trennte diese beiden Welten strikt, wohl auch zum Schutz der Ehemänner…. 
Im letzten historischen, heute noch betriebenen Bordell Questa Casa erfuhren wir, dass die Klienten in den sogenannten Starting stalls empfangen wurden. Diese hatten den Vorteil, dass der Kunde z.B. sein Fahrrad dort ungesehen stehen lassen konnte, was ihm Diskretion verlieh und aber auch die Sexarbeiterin entscheiden konnte, einen Kunden nicht zu empfangen, wenn er zu betrunken war oder sie sich bedroht fühlte. Erst nach dieser ersten Stufe, wurde dann der Klient ins „Zimmer“ begleitet. Nicht nur für die Minenarbeiter, auch für die Sexarbeiterinnen war in Kalgoorlie sehr gutes Geld zu verdienen, was auch Damen aus Europa immer wieder zurückkehren liess. 

Questa Case – hinter den kleinen rosaroten Türen sind die Starting stalls

Durch die manipulierte Ansiedlung von Familien in Kalgoorlie, und durch die Tatsache, dass heute die KCMG nur Leute unter Vertrag hat, die auch in der Region leben (keine fly in fly out contracts), ist das Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen wieder hergestellt. Auch arbeiten viele Frauen in den Minen und fahren nicht selten die grossen Muldenkipper. Das ist vielleicht mit ein Grund, dass uns während den 3 Tagen in Kalgoorlie aufgefallen ist, wie viele Frauen am Steuer sitzen bei Privatautos. Viele Frauen in Australien fahren Auto, aber wenn man als Paar oder in der Familie unterwegs ist, sitzt praktisch immer der Mann am Steuer. Nicht so in Kalgoorlie..... 

Diesen Fahrzeugen sind wir zu dutzenden begegnet – Minenarbeiter benutzen sie auch in der Freizeit

Sonntag, 15. März 2015

Neuer Blog

Da wir unterwegs immer wieder viele Australier kennen gelernt haben, die uns hilfreiche Reisetips gaben oder uns gar einluden, war es an der Zeit, einen Blog in Englisch zu starten, der im Gegensatz zu unseren beiden bestehenden Blogs, welche Themen und Beobachtungen zum Land etwas tiefer beleuchten, ein klassisches Reisetagebuch ist mit vielen Bildern.
http://she-ll-be-apples.blogspot.ch/
Für diejenigen welche Englisch verstehen oder gerne Bilder anschauen, besteht auch hier die Möglichkeit sich zu registrieren, um die neuen Beiträge jeweils per Email zu erhalten. Einfach die Email-Adresse unter der Rubrik "Follow by Email" eingeben und "Submit" anklicken und dann den Anweisungen folgen.

Viel Spass bei der Sonntagslektüre

Mittwoch, 11. März 2015

Australiens Ikone N°7

The Great Ocean Road (GOR) ist ein 243km langer, spektakulärer und weltbekannter Küstenabschnitt zwischen Torquay und Allensford im Staat Victoria, Australien.



Diese Strasse wurde zwischen 1919 und 1932 hauptsächlich von heimkehrenden Soldaten als Kriegsdenkmal für die im ersten Weltkrieg gefallenen Kameraden gebaut. Der langwierige Bau dieses weltgrössten* Kriegsdenkmals, war also auch eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme der Regierung und gestaltete sich als schwierig, aufgrund von geographischen und geologischen Gegebenheiten. Die mehr als 3000 Arbeiter bewältigten das meiste ohne grosse technische Hilfsmittel, nutzten Pickel, Schaufeln und Schubkarren.
*ob es wirklich das weltgrösste ist, habe ich nicht selber geprüft. In Australien ist vieles worlds biggest oder biggest on Southern Hemisphere, dabei wird aber Südamerika oft ausser Acht gelassen….

Die GOR beginnt in Torquay und in kleiner Entfernung befindet sich die Bells Beach. Sie ist ein Mekka für Surfer und auch eine Beach, die es in einen Kinofilm geschafft hat. „Point Break“ handelt von einer Surfertruppe, die mit US-Präsidentenmasken Banken überfallen und damit lange erfolgreich sind. Keanu Reeves und Patrik Swayze sind die Hauptdarsteller und die tollsten Surfszenen der Präsidententruppe im Film, wurden an dieser Beach gedreht. Leider war bei jedem meiner bisherigen Besuche (1994, 2010 und 2015) der Wellengang milde und das Spektakel hielt sich in Grenzen. 

Die beiden Hauptdarsteller im Film Point Break

Weiter verläuft die Strasse entlang der Küste in westliche Richtung, und da die Berge des Hinterlandes zum Teil fast bis zum Ozean reichen, schlängelt sich die GOR in einem sehr kurvenreichen Verlauf an deren Rändern entlang. Nebst der schönen Strasse, gibt es ganz tolle Wanderungen. Wir haben einen sehr abwechslungsreichen Bushwalk beim Cumberland River gemacht. 

Aussicht auf den Cumberlandriver und die GOR

Anschliessend führt die GOR durch den Cape Otway Nationalpark, der von gemässigtem Regenwald geprägt ist. Die Strecke ist in diesem Bereich auch leicht hügelig. Der Nationalpark bietet fast garantiert auch jedem Touristen den Blick auf Koalas. 
Dann folgt ein beachtlicher Szenenwechsel, die hügelige Strecke im Regenwald wird zu einer flacheren Küstenstrasse mit steilen, bis zu 60m hohen Cliffs. Es ist der wohl bekannteste und meist fotografierte Teil, der Port-Campbell Nationalpark, welcher einige der beeindruckendsten Küstenlandschaften der Welt bietet. Die Küstenerosion durch Wellen und Gezeiten haben am weichen Kalksteinfels gearbeitet, diesen erodiert und dadurch die bekannten und sich weiter verändernden Felsformationen geschaffen. Unter anderem sind Felssäulen, Höhlen, Bogen und Blowholes zu bestaunen.
Die 12 Apostel sind heute an der Zahl nicht 12 und waren es auch nie. Das mag so manchen Touristen erstaunen, denn von der aufwändig gemachten Besichtigungsplattform können nur 7 ausgemacht werden. Die Namengebung bleibt aber unklar. Es wird offiziell behauptet, es hänge eben davon ab, woher man guckt, ob man 7 oder 12 sieht….. 

Die Apostel

Neben den Aposteln hat es noch weitere imposante Felsformationen.
Loch Ard Gorge ist eine Höhle in der sich zwei überlebende junge Leute begegneten, nachdem das Schiff Loch Ard gesunken und alle anderen Passagiere ertrunken waren. Dieser Küstenteil wird auch Shipwreck Coast genannt, da hier bereits mehr als 80 Schiffe gesunken sind.

zwei verschiedene Ansichten bei hohem Wellengang



London Bridge war ursprünglich eine Felsplattform mit einem Doppelbogen und verbunden mit dem Festland. Im Januar 1990 kollabierte die Brücke und hinterliess zwei verängstigte Touristen gestrandet auf der eben entstandenen Insel. Sie wurden per Helikopter evakuiert.



The Grotto ist eine höhlenähnliche Formation wo bei starkem Meergang die Wellen heftig am Höhlensystem arbeiten



Die GOR ist ein touristischer Magnet und wird gemäss einer Studie jährlich von 6.5 bis 7.5 Millionen Menschen besucht. Wir waren in diesem Jahr 2 davon!

Sonntag, 1. März 2015

Australiens Ikone N°6

Nachdem ich unter der Rubrik Ikonen der Tier- und Modewelt sowie dem Essen Beiträge gewidmet habe, folgt nun etwas aus dem Architekturbereich, ein Unesco Welterbe seit 2007!
Es ist zwar bereits 2 Monate her, dass wir in Sydney waren, (die einen erinnern sich vielleicht an Olivers Blog über den Sylvester) aber die Verspätung dieses Eintrags ist vernachlässigbar, verglichen mit der Projektplanung meiner Ikone N°6 - dem Sydney Opera House.


Kaum jemand, der das orchestrierte Bild der eindrücklichen, sorgfältig aneinander konstruierten „Schalen“, auf der Spitze einer Halbinsel und auf einem monumentalen Podium sitzend, im Sonnenlicht schimmernd und im Hintergrund das stahlblaue Meerwasser des Hafens von Sydney, nicht kennt.


Bennelong Point, wo heute das Opernhaus auf einer Fläche von 1.8 Hektaren steht, hat eine Vergangenheit als Strassenbahnreparaturzentrum und als industrielles Brachland, nachdem der öffentliche Personenverkehr in Sydney das Rennen gegen den Autoverkehr verlor. Der Standort wurde vom Direktor des nationalen Musikkonservatoriums vom Staat New South Wales propagiert, der sich bereits 1940 für ein grösseres Opernhaus stark machte, da die Stadthalle aus allen Nähten platzte. 1954 erreichte er die nötige Unterstützung der Politik durch den Premierminister vom Staat, und ein Jahr später wurde der Design-Wettbewerb für ein Opernhaus mit zwei Hallen, für 3000 resp. 12000 Zuschauer, international ausgeschrieben. Interessanterweise gab es weder Design- noch Kostenvorgaben. 233 Eingaben, aus 32 verschiedenen Ländern folgten. Die Jury entschied sich für die Eingabe vom Dänen Jörn Utzon, obwohl diese nicht ganz regelkonform war. War die Skizze doch sehr spartanisch, aber sie erschien dem Komitee als einzigartig, prunkvoll und visionär.


Der Spatenstich war heute vor 56 Jahren und der Bau hätte im Januar 1963 fertig gestellt sein sollen, zu den Kosten von rund 7 Millionen AU$. Die Eröffnung durch Königin Elizabeth II war 10 Jahre später, die ursprünglichen Baukosten wurden um das 14fache übertroffen, und der Bau konnte nur dank einer extra dafür ins Leben gerufenen Lotterie, fertig gestellt werden. Das Werk geniesst aber bis zum heutigen Tag in seiner Einzigartigkeit internationale Bekanntheit und war ein wegweisender Bau fürs 20. Jahrhundert, wegen seiner Kreativität und insbesondere dem strukturellen Design.

Der Bau des 160’000 Tonnen schweren Monuments erfolgte in 3 Phasen

1) Podium 1959 - 1963
Obwohl die Pläne des ganzen Gebäudes noch nicht fertig gestellt waren, wurde Utzon gedrängt zum Baubeginn, mit fatalen Folgen. Zum Beispiel, waren die Podiumssäulen zu schwach um die Dachstruktur zu tragen und mussten neu gebaut werden.

2) Dach 1963 - 1967
Bei der Projekteingabe war die Geometrie der Schalen nicht genauer spezifiziert. Es kostete das Team um Ove Arup 6 Jahre und 12 Anläufe, um die gewünschte Schalenform ökonomisch zu bauen. Mit Lochkarten gesteuerte Computer brauchten 18 Monate, um die Krümmungen und die Statik der Schalen zu berechnen. Das Design des Daches wurde in massstäblichen Modellen in Windkanälen getestet, um die Drücke zu eruieren, welchen die Konstruktion ausgesetzt sein würde. Das Dach wurde schlussendlich über 2400 vorgefertigte Schäfte und 4000 Dachpaneelen mit 1’100’000 glasierten, weissen Keramikfliesen vor Ort aufgebaut.

3) Innenausbau 1967 - 1973
Diese Phase wurde noch von Utzon begonnen, aber die steigenden Baukosten, nicht einhalten der Kosten und auch abweichende Ideen mit der neuen, konservativen Regierung, führten zum Zerwürfnis zwischen den beiden Parteien mit dem Resultat, dass Utzon 1966 seine Baustelle und Australien verliess und nie wieder zurück kehrte. Der Bau wurde fertig gestellt durch ein Team junger australischer Architekten, insbesondere Peter Hall, zusammen mit den bisherigen federführenden Bauherren neben Utzon.

 Eine der zahlreichen Schalen - aussen

Struktur der Dachfliesen

Struktur der Schalen - innen

 Joan Sutherland Theater - 1507 Sitzplätze

Foyer des Joan Sutherland Theaters. Stahlstruktur mit dem sogenannten Glasvorhang


Grosse Konzerthalle - 2679 Sitzplätze

Holzkonstruktion - innen

Wir haben im Opernhaus nicht nur eine Führung und die Aussichtsterrasse genossen, sondern auch ein Konzert von ausgewählten Opernstücken gehört im Joan Sutherland Theater, dessen Akustik nicht ganz so überzeugend war wie im Opernhaus Zürich oder KKL. Ebenso war es eine Touristenveranstaltung (natürlich gehören wir auch zu dieser Kategorie), wo der Dresscode legère gehalten wurde und auch keinerlei Vorbereitung oder Vorwissen bezüglich Opern vorausgesetzt wurde. Dafür gab es einen kompetenten und witzigen Moderator, der jegliche Berührungsängste wegfegte. Da sind die Aussies recht pragmatisch.