Donnerstag, 24. September 2015

Australiens Ikone N°9


Zu unseren Fahrten durch das australische Outback gehören neben der unglaublichen Weite, dem Staub und Sand, den unvergleichlichen Sonnenauf- und -untergängen, den weit verstreuten Rindern und Schafen, den Kängurus und Kamelen sicher die Windräder. Sie haben ikonischen Charakter in diesem Land.

Ein typisches Outback Stilleben

Der Einsatz von Windmühlen geht sehr weit zurück. Je nach Quelle bis 500 n.Chr. (Persien, zum Mahlen von Getreide und zum Pumpen von Wasser) oder bis ins 16. Jahrhundert (Niederlande, zur Entwässerung von Sümpfen und Seen). Um 1850 wurde in den USA die vielflügelige „Westernmill“ erfunden, die aber den internationalen Durchbruch erst an der Weltausstellung 1876 in Philadelphia erlangte. Im Anschluss kam diese auch nach Australien, um Wasser aus dem Lake-Eyre Becken an die Oberfläche zu fördern und somit mehrere Jahre dauernde Trockenzeiten zu überbrücken, die insbesondere der Viehwirtschaft zusetzten oder sie gar verunmöglichten. Gleichzeitig wurde mit der Installation von zahlreichen Windmühlen im Outback zusätzliches Land erschlossen für die Bewirtschaftung, welches bis dahin ungenutzt war.

 Wasser wird in einen künstlichen See gepumpt und dient als Tränke für Tiere

 Wasserversorgung für eine Farm im Outback

Heute wird Wasser meistens in einen Lagertank gepumpt, damit der Verlust durch Verdunstung minimiert wird

Hier wird Wasser für die landwirtschaftliche Bewässerung aus dem Fluss gepumpt

Es gibt zwei wichtige Hersteller von Windradanlagen in Australien Southern Cross und Comet, die beide eine ähnliche Geschichte haben.
1876 entwickelte Bert Griffiths, der Gründer von Southern Cross, das erste australische Windrad, welches auf einem importierten Modell aus den USA basierte (eine Westernmill). Sowohl das Windrad wie auch der Turm waren aus Holz gefertigt.
Sidney Williams, der Gründer der Firma Comet Windmills, realisierte sein erstes Windrad 1879. Sowohl Griffiths wie auch Williams sahen viel Potential in dieser neuen Errungenschaft, da Wind die grösste natürliche Energiequelle darstellt, welche Tag und Nacht frei verfügbar ist. Eingesetzt im australischen Outback, fernab von Support, Ersatzteilen und Spezialisten,  mussten diese zuverlässig funktionieren. 
Um 1900 wurden die Holztürme durch Stahltürme ersetzt, um 1910 wurden Bronzelager eingesetzt die geschmiert wurden und erst 1953 wurden selbstschmierende und quasi wartungsfreie Anlagen gebaut. 
1920 vergab der australische Staat Vertragsarbeit mit 30 Jahren Laufzeit für den Bau und Unterhalt von neuen Windradanlagen. Diese wurden entlang von Bahnlinien, in Gemeinden und entlang von Stock Routes gelegt (auf den Stock Routes wurden Kühe zu hunderten durchs Land getrieben um sie an den Markt zu bringen). Dies brachte insbesondere Comet sehr viel Arbeit und einen gesicherten Absatz. Beide Firmen hatten daneben Monteure unter Vertrag, die im Outback die Windpumpensysteme von privaten Kunden warteten.



Bei der oben erwähnten „Westernmill“ ist das vielflügelige (25 bis 150 Rotorblätter) Windrad mit einer Fahne zur Windrichtungsnachführung auf einem Gittermast montiert. 
Ein Windpumpensystem besteht grundsätzlich aus dem Windrad, einem Getriebe und einer Pumpe. 
Der Wind bläst über die Rotorblätter und erzeugt die Drehbewegung des Windrades, welche über eine Kurbelwelle in eine Hub- oder Rotationsbewegung umgesetzt wird und über das Pumpensystem Wasser fördert. Beim sogenannt direkten Typ, resultiert eine Umdrehung des Windrades in einem Hub (auf und ab) des Kolbens. Beim geschalteten Typ ermöglicht eine Übersetzung im Drehmotor die Erhöhung der Drehgeschwindigkeit, bevor diese in die Hubbewegung umgesetzt wird. Der direkte Typ wurde eingesetzt mit grösseren Windrädern und führte zu einer langsameren Förderung des Wassers aber pro Hub wurde mehr geschöpft. Je nach Tiefe des Grundwassers wurde also der eine oder andere Typ eingesetzt.


In der langen Geschichte der Windräder wurden Modelle mit einem Durchmesser bis zu 10.67m (35ft) und einer Turmhöhe von 21.34m (70ft) produziert. Damit konnte Wasser aus einer Tiefe von 183m gewonnen werden.  

 Ein restauriertes Comet-Windrad mit 8.23m (27ft) Durchmesser

Eine Westernmill von Comet mit dem grössten je produzierten Windrad mit 10.67m Durchmesser

Heute werden Windpumpensysteme sowohl mit mechanischer als auch elektrischer Kraftübertragung konstruiert, zudem werden die Windräder zum Teil ersetzt durch Solarpanel, welche mit Sonnenenergie eine Elektropume antreiben. 

Sonntag, 6. September 2015

Australischer Kaffee

Das nördliche Queensland liegt in der tropischen Klimazone mit aktuell äusserst angenehmen Höchsttemperaturen zwischen 25 und 30°C die wir seit ein paar Wochen geniessen. Das Klima gefällt auch vielen, uns Schweizern weniger bekannten, Pflanzen. Die Landschaft ist geprägt von Zuckerrohrfeldern, Bananen- und Mangoplantagen, in Abwechslung mit üppigem Regenwald oder auch Weideland.
Das alles war keine grosse Überraschung mehr für mich, da ich 1994 etwa zwei Monate später in dieser Region war und damals zur Mangoliebhaberin wurde. Dass es aber in den Tablelands westlich von Cairns (auf rund 600-900 müM) auch Kaffee- und Teeplantagen gibt, weiss ich erst seit Kurzem. 

 Die Tablelands westlich von Cairns (unteres Bild detailliert) und gestrichelt der südliche Wendekreis (Tropic of capricorn), die Grenze zu den Tropen

Die Tablelands sind auf 600-900 müM gelegen. In Mareeba spielt die beschriebene Kaffeegeschichte

Die eindrückliche Geschichte, wie es zur ersten kommerziellen Kaffeeplantage in Australien kam, möchte ich hier erzählen. 
Nat und Linda Jaques beschlossen 1978 Tanzania (Afrika) aufgrund der instabilen politischen Lage und den damit verbundenen Sicherheitsrisiken zu verlassen. Nat, aufgewachsen auf einer Kaffeefarm am Fusse des Kilimanjaro und Linda, aufgewachsen in Kenia auf einer Teefarm, hatten die Vision, Kaffee in Australien anzubauen und damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 

Sogenannter Kaffeegürtel. Er umspannt die Tropen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Grösster Kaffeproduzent heute ist Brasilien, gefolgt von Vietnam und Kolumbien

Sie hatten Tanzania mit umgerechnet 2000 Franken verlassen. Der Rest ihres persönlichen Vermögens war von der Regierung „eingefroren“ mit dem Versprechen, jährlich 1000 CHF davon frei zu geben. Bis heute haben sie aber keinen Rappen von diesem Geld gesehen. 
Mit einem Wohnwagen reisten sie also von Perth aus durch Australien und hielten Ausschau für ein potentielles Kaffeeanbaugebiet. In landwirtschaftlichen Magazinen in Brisbane lasen sie, dass bereits um die Jahrhundertwende in den Tablelands in der Nähe von Cairns (siehe Karte oben) erfolgreich Kaffee kultiviert wurde. Der Untergang dieser Industrie ging parallel mit dem Aufkommen des personalintensiven Zuckerrohranbaus und der Abwanderung billiger Arbeitskräfte aus Neu-Kaledonien. Mit diesem Wissen, zeichnete sich das potentielle Anbaugebiet ziemlich schnell ab und 1979 pachteten Nat und Linda 80 Hektaren jungfräuliches Land, westlich von Mareeba. Sie importierten eine Auswahl der besten Züchtungen von Kaffeepflanzen, und fanden eine darunter, welche unbehandelt bestens gedieh. Sie wählten die Sorte Arabica, welche im Gegensatz zu Robusta, für höhere Lagen bestimmt ist. 
Nach einem Jahr harter Arbeit, viel Schweiss, Tränen und der Hilfe von Nats Bruder mit Frau, war 1980 die erste kommerzielle Kaffeeplantage (mit 120’000 Kaffeesträuchern) in Australien geboren. Sie setzten einen besonderen Fokus auf ein sorgfältig ausgedachtes Bewässerungssystem mit der Düngung direkt an den Wurzeln der jungen Kaffeesträucher.
Bald wurde die mechanische Ernte zur Priorität, und aus Neuseeland wurde eine Beerenpflückmaschine importiert, die aber leider nicht geeignet war für die Kaffeeernte. Zusammen mit Schiffskonstrukteuren aus Cairns, baute Nat in einem Jahr eine Maschine, die auf dem neuseeländischen Beerenpflücker basierte. Coffee Shuttle One war geboren. Dieses Präzisionsgerät erntet heute einen Strauch pro Sekunde! 

Die Operation stand jedoch nicht unter einem guten Stern. 1986, unter der politischen Führung von Premierminister Keating, tauchte Australien in eine heftige Rezession und der Zinssatz des Ein-Millionen-Darlehens von Jaques Plantation stieg auf 22% und führte zur Liquidation. Zu diesem Zeitpunkt hingen wunderbare 80 Tonnen Früchte an den Sträuchern, aber die Banken verhinderten die Ernte, welche als Resultat verloren ging und die Jaques waren ruiniert. Nicht aber ihr Glaube an dieses Unterfangen. 

So kauften sie 1990 an einer Auktion ein Stück, wiederum jungfräuliches, Land in den Tablelands, welches sie mit derselben Sorgfalt rodeten, die Bewässerung legten und so die zweite Jaques Kaffeeplantage aufzogen. Nach 5 Jahren und einer tollen Blüte der Sträucher, welche 20 Tonnen Früchte erahnen liess, kam der nächste Schicksalsschlag. Aufgrund einer drohenden Papaya Fruchtfliegenepidemie entschied das Departement for Primary Industries (DPI), dass alle Kaffeeplantagen gespritzt werden müssen, obwohl die Papaya Fruchtfliege Kaffee nicht befällt. Trotz heftigen Protesten der Jaques und der Zusicherung, dass ihre Pflanzen weder mit Insektiziden noch mit Fungiziden behandelt seien, wurden die Kaffeesträucher vom DPI für 10 Wochen in einen Giftdunst gelegt mit dem Resultat: 50’000 Kaffeesträucher vergiftet und zerstört – der Traum ein weiteres Mal zerschlagen.

Unverzagt starteten sie zum dritten Mal mit neuen Setzlingen auf neuem Land und haben nun eine Plantage von 25’000 gesunden produktiven Arabica Kaffeesträuchern etabliert. Erst 2009, nach 12 Jahre dauerndem Kampf mit den Behörden und mehreren Wochen im Gerichtssaal, wurde ihnen die Kompensation für den Verlust der 50’000 Kaffeesträucher gewährt und der (Alb)traum, eine Kaffeeplantage für ihre Söhne zu entwickeln ist Realität.
Die beiden Söhne Jason und Robert führen heute das erfolgreiche, auf dem Weltmarkt unbedeutende, Unternehmen. Sie produzieren jährlich rund 85 Tonnen Kaffee der hauptsächlich über ihren Webshop verkauft wird.

Besuchereingang zur Jaques Coffee Plantation – leider lässt sich der feine Kaffeeduft nicht über den Blog vermitteln

Der köstliche Kaffee wird in diesem stilvollen Raum oder auf der Terrasse serviert

Die Ernte findet einmal jährlich statt und im Unterschied zu den Kaffeeplantagen in Afrika, wo meist von Hand gepflückt wird, passiert das bei Jaques und den anderen Kaffeeanbauern in den Tablelands in Australien, maschinell. Die Ernte geht von Ende Mai bis Ende August.

Kaffeeplantage nach der Ernte

Die Ernte wird direkt auf dem Coffee Shuttle von Fremdkörpern befreit und die reifen Kaffeekirschen über ein Becherwerk in einen grossen Lagerbehälter gefördert. 

 Coffee Shuttle der Jaques

 Beeren werden mit diesen besenähnlichen, rotierenden Zylindern vom Strauch entfernt

 Die sogenannten Finger der "Besen" sind aus Glasfaser

Becherwerk im Coffee Shuttle

Die Beeren werden vorgereinigt mit Wasser und anschliessend „entpulpt“. Die Pulpe und die Fruchthaut werden abgequetscht, zurück bleibt die Kaffeebohne inkl. Pergamenthäutchen und daran anhaftendem Schleim.

 Reife Kaffeekirsche

Bohne von der Pulpe befreit

Diese werden in einen Fermentationsbehälter transportiert, wo sie während rund 20 Stunden gären (fermentieren). Die Pulpe wird zu Mulch und später als Dünger wieder eingesetzt. Nach der Fermentation werden die Bohnen gewaschen und anschliessend getrocknet.

Anlage mit Nassreinigung, Fermentationsbecken und anschliessender Trocknungstrommel

Gereinigte, getrocknete aber noch ungeröstete Kaffeebohnen

In diesem Zustand können die Kaffeebohnen bis zu 20 Monaten gelagert werden. Geröstet werden sie „just in time“, d.h. aufgrund von Kundenbestellungen. Erst im Röstprozess entstehen die kaffeespezifischen Geschmacks- und Aromastoffe sowie auch die dunkle Farbe. Über den Röstprozess konnte ich nicht sehr viel in Erfahrung bringen, aber das ist schliesslich auch das Geheimrezept jedes Kaffeeverkäufers.