Freitag, 26. Juni 2015

Ein bisschen Afrika in Australien

Was für lustige Lebewesen sind das denn?


Afrikareisende mögen einem solchen Gewächs schon begegnet sein, denn dort ist der sogenannte Baobab (Affenbrotbaum) heimisch. Die Gattung Affenbrotbaum (Adansonia) gehört zur Familie der Malvengewächse (bekannte Vertreter sind die Nutzpflanzen Kakao und Okra, aber auch Zierpflanzen wie der Hibiscus) und wiederum zur Unterfamilie der Wollbaumgewächse.
Die in Australien vorkommende Art, Adansonia gregorii – umgangssprachlich Boab – ist mit rund sechs Metern viel kleiner als die Arten in Afrika (15-20 m hoch). 
Es sind Laubbäume mit glatter Rinde, deren Stamm eine grosse, geschwollene Basis hat. Oft ist die Stammform flaschenförmig wobei sich der Stamm abrupt in wenigen Metern Höhe stark verjüngt. 



Während der Regenzeit, die im Verbreitungsgebiet der Affenbrotbäume zwischen sechs Wochen und fünf Monaten andauert, saugt ein Baum mit seinen schwammigen Fasern eine grosse Menge Wasser auf, die er für die Trockenzeit speichert. Der Stamm kann sich aufgrund der Wasserspeicherung während der Regenzeit um mehrere Zentimeter verdicken. Die Baumrinde ist 5-10 Zentimeter dick und dafür verantwortlich, dass der Boab kleinere Buschbrände unversehrt überstehen kann.

Während der Trockenzeit fallen alle Blätter ab und übrig bleiben die grau-braunen Baumskelette. In diesem unbelaubten Zustand, erinnert die Baumkrone, mit weit ausladenden Ästen, an ein Wurzelsystem, was zu der Legende beigetragen hat, der Affenbrotbaum sei ein vom Teufel verkehrt herum gepflanzter Baum. 


Da wir im Mai/Juni (Trockenzeit) in der Kimberley Region (siehe unten) unterwegs waren, zeigen auch die Bilder nur genau diese eindrücklichen, kahlen Erscheinungen. Sobald die Regenzeit näher kommt (September), spriessen junge Blätter und auch die Blütezeit und darauf folgende Fruchtbildung fällt in die nasse Jahreszeit. Die Blüten sollen wunderschön und gross sein. Wachsig-weiss in der Farbe, kompliziert aufgebaut und unangenehm riechend (süsslicher Aasgeruch). Die Hauptblütezeit dauert 4 Wochen, die einzelne Blüte blüht dagegen nur 24 Stunden und ist während 16-20 Stunden bestäubungsfähig. 


Ungefähr im Januar setzen die Früchte an. Die ausgereiften Nüsse, 25-40 cm gross, sind bräunlich-schwarze, kugelige bis eiförmige, hölzerne Kapseln, bedeckt mit einem feinen haarigen, olivgrünen Pelz, welcher leicht weggerieben werden kann und die dunkelbraune Nuss zum Vorschein bringt. Wenn diese zu Boden fallen, brechen sie oft auf und mehrere nierenförmige, haselnussgrosse Samen, eingebettet in ein weisses Fruchtfleisch, werden enthüllt. Sowohl das Fruchtfleisch, wie auch die Samen sind essbar. Das Fleisch schmeckt aufgrund des hohen Vitamin C-Gehaltes (höher als bei Orangen) säuerlich und ist von einer Konsistenz, die an brüchige Watte erinnert. Die Samen sind sehr fettreich. 


Der Affenbrotbaum ist die charakteristische Baumart der trockenen Baumsavanne des afrikanischen Tieflands südlich der Sahara. Der Baum ist frostempfindlich, die südliche Verbreitungslinie ist also durch die Frostgrenze entlang des 16. Breitengrades bedingt. Wieso also findet man dieses Gewächs in Australien? 
Dazu gibt es zwei Theorien
  • die Samen waren schwebend auf dem Wasser von Afrika in die Küstengebiete Australiens gekommen und haben sich von dort verbreitet
  • die Boabs stammen noch von der Zeit, wo Australien und Afrika zum selben Kontinent (Gondwana) gehörten, vor rund 65 Mio Jahren

In Australien findet man den Boab ausschliesslich im Gebiet der Kimberley, im Nordwesten des Kontinents. Sie werden seit 2001 sogar kommerziell angepflanzt, insbesondere um an die Delikatesse der Wurzel zu kommen. Dabei werden die Jungpflanzen (wenige Monate alt) geerntet, deren Wurzel etwa die Form und Grösse einer Karotte hat. Sie soll herrlich schmecken, süsslich und knackig wie der Kern einer Karotte mit einer Textur die mit Marroni verglichen wird. Leider haben wir dieses Gourmeterlebnis verpasst als wir in Kununurra waren, wo diese Delikatesse, sowie weitere Köstlichkeiten vom Boab angeboten werden.



Die Region Kimberley liegt  zwischen dem 14. und 18. Breitengrad

Aboriginal Künstler verkaufen in diesem Gebiet wunderschön verzierte Früchte, wobei die dunkle äussere Schicht der Nuss weggekratzt wird und die hellere drunterliegende Schicht zum Vorschein bringt. Ein bisschen wie Glas ritzen kann man sich das vorstellen.


Historisch dienten diese Dinosaurier (einige Boabs sind 1500 Jahre alt) den Aborigines als Schutz, Nahrung und Medizin (fiebersenkende Wirkung). Später nutzten die europäischen Siedler sie als Orientierungspunkt, Treffpunkt und leider auch als improvisierte Gefängniszellen für Aborigines, welche von den Weissen von A nach B gebracht/getrieben wurden und somit beim Rast oder in der Nacht weniger streng bewacht werden mussten.


Prison tree in Derby: Umfang 14m, Tor 1m breit und 2m hoch

Der anscheinend älteste Boab Australiens, steht in Wyndham (kaum auszumachen – ich stehe vor dem Monster)


Sonntag, 7. Juni 2015

Den Perlen auf der Spur

Mir war wohl bewusst, dass Perlen sehr wertvoll sind und sich viele Frauen gerne mit Perlen schmücken, aber da ich den Eindruck hatte, dass das eher etwas für gesetztere Damen ist, mich kaum darum gekümmert, geschweige denn, davon geträumt eine zu besitzen.


Da wir aber im Nordwesten Australiens mitten im wichtigsten Perlengebiet dieses Kontinents waren, wurde mein Interesse für die weiss, silbern oder gelblich glänzenden Kugeln geweckt. 

 Kirche in Beagle Bay auf der Dampier Peninsula mit einem Permuttaltar

Permuttaltar einer aussergewöhnlichen Kirche

Cygnet Bay ist die einzige produzierende Perlenfarm Australiens, die auch dem Publikum zugänglich ist. Also nahmen wir an einer geführten Tour teil, die uns in eine ganz neue interessante Welt entführte. Zwar auch Begehrlichkeiten weckte, aber nicht in einem Souvenirkauf endete, da dies mein Reisebudget sprengt und uns der Tresor im Reisemobil fehlt……


Perlenzucht in Australien allgemein
Seit 1880 war Broome das Perlenzentrum Australiens und um 1903 war es der Hafen für eine Flotte von 300 Loggern (kleine Schiffe für den Hering- oder Perlenfang). Perlmutt wurde vielseitig eingesetzt für Knöpfe, Besteckgriffe, Puderdosen, Kämme, diverse Auskleidungen und Aschenbecher. Die Nachfrage für Perlmutt wurde kleiner nach dem ersten Weltkrieg weil Plastik den Weltmarkt eroberte und ab dem zweiten Weltkrieges konnte die Industrie nur weiter existieren, weil die Regierung des Staates Western Australia diesen Industriezweig subventionierte.

Cygnet Bay
Dean Brown sammelte in den 1940er und 1950er Jahren in der Region von Cygnet Bay die Perlmuscheln und verkaufte die Perlen erfolgreich. Da natürlicherweise nur 1 auf 100’000 Muscheln eine Perle hervorbringt, war dies längerfristig wenig erfolgsversprechend und in den späten 1950er Jahren revolutionierte sein Sohn Lyndon diese Industrie, indem er das Geheimnis der Perlenzucht knackte. Eine Technik, die bis dahin den Japanern vorenthalten war. Sein Bruder Bruce unterstützte Lyndon und zusammen konstruierten sie in den 1960er Jahren einen Glasfaser Logger (Perlenboot), was ebenfalls neu war in dieser Industrie. 
Das Unternehmen wird heute in 3.Generation geführt und es arbeiten 20 Leute ganzjährig und 70 in der Trockenzeit (April - Oktober) für die Browns in der Cygnet Bay. 

Wie funktioniert die Perlenzucht
Zuerst werden Perlmuscheln in einem eigens dafür vorgesehenen Brutplatz „gezeugt“. Dafür werden jeweils eine weibliche und eine männliche Muschel in ein Wasserbad gegeben, wo es zur Befruchtung kommt und eine neue Perlenauster entsteht. Nach 60 Tagen ist die ca. 2mm gross und wird in den unten abgebildeten Gittern ins Meer gesetzt, wo sie weiter heranwächst. Nach 7-12 Monaten werden sie ausgedünnt und nach 24 Monaten erfolgt eine Klassifizierung. Nur diejenigen welche  >90mm sind, können besamt oder beimpft werden für die Zuchtperlenbildung. Dabei wird ein winziger Nucleus ins Mantelgewebe injiziert, welches dann um den Nucleus wächst und einen Sack bildet, in welchem die Perle heranwachsen wird. Diejenigen welche <90mm als="" auch="" das="" dem="" die="" diverse="" f="" geerntet="" mit="" muschel="" muschelfleisch="" p="" perlmutt="" produkte="" r="" rohstoff="" sind="" sowohl="" und="" verarbeitet="" verkauft.="" werden="" wie="">
Die beimpften Muscheln werden monatlich mit Hochdruck gereinigt um sie von Seegras und anderen Lebewesen zu befreien. Dafür wird jedes einzelne Gitter aus dem Wasser gezogen und wieder versenkt. Eine sehr aufwändige Arbeit, die nach unserer Analyse relativ leicht automatisiert werden könnte (solche Optimierungen sind jedoch in Australien eher rar).  Nach 4 Jahren, resp. 2 Jahren im Meer, kann dann die erste Perle geerntet werden. Die Perle ist zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich 10mm gross, von sehr guter Qualität und die Austermuschel als Ganzes ist 130mm gross. Nach zwei weiteren Beimpfungen kann nach 6 und 8 Jahren erneut eine Perle geerntet werden. Mit jedem Zyklus werden die Perlen zwar grösser, sind aber weniger rein und somit weniger gut verkäuflich. 

 Rechts im Bild die "Brutbecken"

 Gitter in welchen die Muscheln wachsen. Diese werden ins Meer getaucht

 Der Muskel, welcher die Muschel zusammen hält ist sehr stark. Sie wird für die Perlenernte offen gehalten mit einem Gummikeil, damit sie auch wieder beimpft werden kann für den nächsten Zyklus

 Muschelquerschnitt. Die Dicke des Perlmutts ist beachtlich

 Geöffnete Muschel mit Innenleben

 Das ist das Muschelfleisch, welches gekocht köstlich schmeckt


 Die Perle wurde eben herausgelöst

Diese Perle haben wir in der eben geöffneten Muschel gefunden. Sie hatte einen Wert von CHF 1500

 Logger mit Kugeln, welche die Gitter unter Wasser halten

Hochdruck-Dampfanlage auf dem Boot für die Reinigung der Gitter

Auf unserer Tour haben wir dann am Schluss noch gelernt, welche Kriterien den Perlenpreis bestimmen. Es sind dies die Grösse, Form (Regelmäßigkeit), Lüster (irisierender Perlglanz der Oberfläche, hervorgerufen durch die Lichtbrechung resp. die Qualität der Lichtreflexion von der Oberfläche), Oberflächenqualität (glatt, seidig, Unebenheiten etc.) und die Farbe. Das letzte Kriterium resp. dessen Einfluss auf den Preis ist davon abhängig, was gerade am liebsten getragen wird, ist also der Mode unterworfen und ändert immer wieder.

 Die Qualität und somit der Preis einer Perle wird mit diesem Schema bestimmt

 Grössenbestimmung

Es wurden uns auch Perlen gezeigt die nicht von erster Güte sind, um unser Auge zu schulen

Zum Abschluss dieses Perlentags gönnten wir uns noch ein gutes Essen im hübschen Restaurant, wo wir natürlich die Teigwaren an einer schmackhaften Sauce mit Perlmuschelfleisch kosten mussten. Etwas ähnlich wie Jakobsmuscheln schmeckt dieses Fleisch, einfach etwas weniger zart. Aber absolut empfehlenswert.

Macht "gluschtig", oder?